Zu den sogenannten Rechtsdenkmalen zählt neben den Bauernsteinen (wie denen von Döllnitz oder Radewell) und Gerichtsstätten höherer Instanzen (Gerichtsgebäude wie das Landgericht in Halle, der Dingstuhl auf dem nahen Bornhöck) natürlich auch jede Stelle, an der Gerichtsurteile vollstreckt wurden. Das konnte bei den höheren Instanzen auch ein Todesurteil sein, woran die zahlreichen Galgenberge im Umkreis von Halle oder auch Eisleben erinnern. Es gab aber auch andere Formen der Bestrafung. In einer Zeit, in der das Gefängnis eher unüblich war, gab es für kleinere Vergehen wie Felddiebstahl oder Gotteslästerung die sogenannte Prangerstrafe.
Es ist kein Zufall, dass sich Pranger oft in der Nähe der Kirche befinden, denn nicht selten wurden die Strafen stundenweise und zwar genau zur Zeit des sonntäglichen Gottesdienstes verhängt. So war die Demütigung maximal und die Reue entsprechend groß. Allerdings konnte diese Form der Strafe sehr ungerecht sein. Zum einen war es möglich, sich davon freizukaufen, zum anderen konnte es passieren, dass Täter und Opfer zugleich am Pranger standen, zum Beispiel bei Gotteslästerung mit anschließender Schlägerei.
O. Abitzsch (19. Jh.) fand heraus, dass in der Elsteraue die Prangerstrafen durch das Amt Schkeudtz angeordnet wurden. In dem von ihm konkret berichteten Fall wurde der Dorfrichter von Raßnitz am 26. Dezember 1657 angewiesen, zusammen mit dem Landknecht einen Mann aus Raßnitz zu verhaften und „morgen den Sonntags, als den dritten Weihnachtsfeiertags vor der Predigt in das Halseisen an der Kirche zu Weßmar wegen des heute darinnen verübten groben Exzesses schließen, auch eher nicht daraus, bis die ganze Predigt und der Gottesdienst völlig verrichtet, kommen zu lassen.“
Von diesem Halseisen haben sich noch die Reste an der Südwand des Kirchturmes erhalten, auch der Schandstein ist noch vorhanden. Beides sind typische Elemente von Prangern. Auch wenn man teils von einem Kirchenpranger spricht, ist dieser konkrete Fall wohl kein Beleg einer eigenen Gerichtsbarkeit seitens der Kirche. Neben der Turmtür befindet sich eine Tafel, die zudem einen Ausschnitt aus der Kirchenchronik präsentiert, wonach auch 1673 jemand an das Halseisen gestellt wurde. Sie berichtet auch, dass die Halterung des Halseisens nur eine Kopie ist.
Es handelt sich hier um eine äußerst seltene Rechtsstätte, denn aufgrund des negativen Rufes sind die meisten Strafstätten längst verschwunden und nur noch als Flurnamen erhalten. Allerdings gab es früher in Raßnitz ebenfalls einen Pranger und in Merseburg hat sich die Staupensäule erhalten.