In Sachsen-Anhalt befanden sich weit über 100 Zuckerfabriken, darunter einige der ältesten Deutschlands. Nach der politischen Wende von 1989 wurden sie binnen fünf Jahren - bis auf drei - alle geschlossen. Die meisten wurden zudem bis zum Ende des Jahrzehnts abgerissen, was insbesondere die Orte ihrer Landmarke beraubte, die keine anderen herausragenden Bauwerke besaßen. Zu den älteren Zuckerfabriken zählten auch die von Salzmünde (1847 durch Boltze), Langenbogen (1848 durch Wentzel) und Löbejün (1849), an welche eine Gedenktafel in Gottgau erinnert. Ihr Text lautet:
Hier stand die Eingangspforte
der Zuckerfabrik Löbejün.
Erbaut wurde die Fabrik unter
Leitung von Dr. Brumme 1849.
Letzte Kampagne war 1992 mit
der höchsten Rübenverarbeitung
von 1500t/Tag.
Dieser Hinweis auf die enorme Produktivität der Anlagen ist wichtig, weil er zeigt, dass die Fabriken nicht deshalb geschlossen wurden, sondern weil die neue Billig-Konkurrenz auf dem Weltmarkt zu groß geworden war und weil der neue Besitzer Zentralisierung bevorzugt. Besonders am Beispiel Salzmünde kann man gut nachvollziehen, wie die Fabriken sich trotz ihres hohen Alters immer wieder den neuen Anforderungen anpassten und daher auch Jahrzehnte nach ihrer Erbauung noch problemlos mit neuen Fabriken konkurrieren konnten.
Gerhard Hoffmann (2004) berichtet besonders detailliert, wie die Zuckerfabrik das Ortsbild veränderte und dass sie bereits 1921 einen 75 Meter hohen Schornstein erhielt. Hauptabnehmer des gewonnenen Rohzuckers war stets die Zuckerraffinerie in Halle, die mittlerweile ebenfalls abgerissen wurde. Durch die Lage an der fünfzehn Kilometer langen Nauendorf-Gerlebogker Kleinbahn konnte die Zuckerfabrik zudem im Jahr 1926 mit einem Nebengleis an das Steinkohlenwerk Plötz angeschlossen werden. Im Folgejahr erfolgte die Zusammenlegung mit der Zuckerfabrik Wallwitz, fortan lautete der Name "Vereinigte Zuckerfabriken Wallwitz mbH, Kommanditgesellschaft", Sitz der Geschäftsführung war Löbejün.
Bis 1940 blieb die Fabrik dennoch unter Leitung der Familie Brumme, zuletzt unter der des Schwiegersohn Brummes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie im Jahr 1948 volkseigener Betrieb, nach 1989 übernahm die Kölner "Diamant Zucker". Nach 144 Kampagnen endete 1992 die Geschichte der Zuckerfabrik, ein Jahr später wurde der Bahnbetrieb eingestellt und 1994 wurde das Wahrzeichen Gottgaus gesprengt, nachdem die neue Anlage in Könnern im Vorjahr in Betrieb gegangen war. Durch die Schließung und Beseitigung der zahlreichen Zuckerfabriken konnte diese Großanlage, die zu den größten Europas zählt, das zehnfache der Gottgauer Fabrik als Tagesleistung erzielen, freilich nur, wenn derartige Mengen aus dem nun riesigen Einzugsgebiet herangeschafft werden konnten.